Zweideutigkeiten
Gestern Australia, heute ein Australier. Mit ihm und ein paar Freunden Abendessen am All you can eat-Buffet. Ich schaue dem Wer-kann-am-meisten-essen-Wettbewerb amüsiert zu. Unglaublich, was für Berge auch in kleine Männer hineinpassen. Nach dem letzten Teller bekomme ich mit, dass auf der gegenüberliegenden Tischseite über das Heimgehen gesprochen wird. Ich beuge mich zu dem Australier vor und frage: "Willst du ins Bett?" Völlig verstörter Blick auf die Tischplatte. Nach ein paar Sekunden leichter Verwunderung meinerseits hilft der Tischnachbar des Australiers nach: "Nachtgezwitscher, das war zweideutig." Ach so! So meinte ich das doch nicht, versichere ich dem Australier. Er, mittlerweile knallrot, ist erleichtert.
Passend zum Thema gibt er dann lachend eins seiner ersten Erlebnisse in Deutschland zum besten: "So I met this girl, and we had a drink together. She was really pretty, and we had a lot of fun, and suddenly, after I had said something, she was like 'Oh wie geil!' and I thought: Oh my God, she's telling me she's horny. And she went on saying this all the time 'geil, geil, geil', until she asked me what was the matter with me. Then she told me that it also meant 'cool' and I understood." Was für ein Gesicht er dabei gemacht haben muss, hatte ich ja fünf Sekunden früher gesehen.
Durch die muntere Unterhaltung fühle ich mich angeregt, eins meiner Jugenderlebnisse zum besten zu geben. Das dürfte mittlerweile ganze neun Jahre her sein. Als Jugendliche war ich ziemlich unsicher und recht unentspannt. Ein paar gute Freunde hatte ich, sonst aber hatte ich nur wenige Kontakte, stellte mich oft in Frage und war geneigt, in anderen eher Feinde als Freunde zu sehen. Die Geburtstagsfeier meines besten Freundes, zu dem nur seine engsten Freunde kamen (, die alles waren, nur nicht lieb), war also gleichzeitig spannend und stressig. Die Kerle waren zu der Zeit 19 Jahre alt, noch in ihrer Langhaar- und Besäufnisphase und hatten auf ebendieser Geburtstagsfeier bis tief in die Nacht jedes Jahr rituell Spass. Einer dieser Späße war, und darüber muss ich jetzt grinsen, mich zu ärgern (ohne dass ich mir dessen bewußt wurde natürlich). Ich war tatsächlich leicht zu ärgern. Der 'Knopf' war von den Vorjahresfeiern bekannt: Ich vertrug die Asi-Witz-Phase, die bei hohem Akoholpegel unverweigerlich vor der Schaukampfphase, aber nach der Schwester-ärgern-Phase (die Arme hat mindestens genauso gelitten wie ich) einsetzte, nicht gut. Meine Familie war auf Teufel komm raus politisch korrekt, allesamt Lehrer, katholische Erziehung, das prägte. Egal, wie sehr ich mich bemühte, bei all den Ausländer- und Judenwitzen nicht hinzuhören, ich stieß an meine Grenzen und ärgerte mich maßlos. Ohne mein Ärgern hätten die Witze wahrscheinlich dreißig Minuten gedauert, so aber erwies sich der Fundus als unerschöpflich und sie dauerten ein bis zwei Stunden. An jenem Abend war es mal wieder soweit. Ich hatte mich so sehr geärgert, dass ich gegen zwei Uhr morgens die Heimfahrt beschloss. Und ich suchte nach den entsprechenden Worten, um meiner Empörung Luft zu machen. Ich erhob mich also, die Rächerin der Gerechten, und verkündete mit fester Stimme: "Ich fahre jetzt, sonst werde ich gleich spitz!" Von der Doppeldeutigkeit des Wortes hatte ich keine Ahnung, gewählt hatte ich es wegen des Aggressionspotentials, wie etwa in 'spitze Kommentare'. Es wurde sehr still in der Runde. Die Männer brauchten ein paar Sekunden, um ihren Ohren Vertrauen zu schenken. Mein bester Freund guckte mich groß an und fragte mich auf dem Weg zur Tür diskret "Sag mal, weißt du, was du da gerade gesagt hast?" Das brüllende Gelächter, das durch die offenen Fenster klang, begleitete mich bis zum Parkplatz.
Der Australier ist begeistert: "Oh I have to remember this one! What was it? Spitz? Oh yeah! Oh and yeah, once this really embarrassing thing happened to me here. I had gone to the diso with friends. We stood there and then 'booom' this guy bumped into me and I thought Gosh! what's he doing, I was really annoyed, and then he bumped into me another time 'boom!', again! and I thought I won't let him do that! Oh, if he comes back - and he came back, and 'booom!' he again bumped into me! So I hit him really hard, he fell onto the floor and lay there and was really scared. And then a friend said to me 'Hey, what are you doing, look, they're all jumping!' And I looked up, and he was right, they were all jumping, and I was really embarassed." Ich bin fasziniert. Habe ich gestern noch im Film das australische Outback kennengelernt und war verwundert, wie sehr die rauhen Sitten an den amerikanischen Wilden Westen erinnern, so erlebe ich heute in einem Gespräch, wie der australische Überlebenskampf auf eine harmlose deutsche Tanzfläche transplantiert wird. Und das von einem auf den ersten Blick so lustigen und sympathischen Kerlchen.
Passend zum Thema gibt er dann lachend eins seiner ersten Erlebnisse in Deutschland zum besten: "So I met this girl, and we had a drink together. She was really pretty, and we had a lot of fun, and suddenly, after I had said something, she was like 'Oh wie geil!' and I thought: Oh my God, she's telling me she's horny. And she went on saying this all the time 'geil, geil, geil', until she asked me what was the matter with me. Then she told me that it also meant 'cool' and I understood." Was für ein Gesicht er dabei gemacht haben muss, hatte ich ja fünf Sekunden früher gesehen.
Durch die muntere Unterhaltung fühle ich mich angeregt, eins meiner Jugenderlebnisse zum besten zu geben. Das dürfte mittlerweile ganze neun Jahre her sein. Als Jugendliche war ich ziemlich unsicher und recht unentspannt. Ein paar gute Freunde hatte ich, sonst aber hatte ich nur wenige Kontakte, stellte mich oft in Frage und war geneigt, in anderen eher Feinde als Freunde zu sehen. Die Geburtstagsfeier meines besten Freundes, zu dem nur seine engsten Freunde kamen (, die alles waren, nur nicht lieb), war also gleichzeitig spannend und stressig. Die Kerle waren zu der Zeit 19 Jahre alt, noch in ihrer Langhaar- und Besäufnisphase und hatten auf ebendieser Geburtstagsfeier bis tief in die Nacht jedes Jahr rituell Spass. Einer dieser Späße war, und darüber muss ich jetzt grinsen, mich zu ärgern (ohne dass ich mir dessen bewußt wurde natürlich). Ich war tatsächlich leicht zu ärgern. Der 'Knopf' war von den Vorjahresfeiern bekannt: Ich vertrug die Asi-Witz-Phase, die bei hohem Akoholpegel unverweigerlich vor der Schaukampfphase, aber nach der Schwester-ärgern-Phase (die Arme hat mindestens genauso gelitten wie ich) einsetzte, nicht gut. Meine Familie war auf Teufel komm raus politisch korrekt, allesamt Lehrer, katholische Erziehung, das prägte. Egal, wie sehr ich mich bemühte, bei all den Ausländer- und Judenwitzen nicht hinzuhören, ich stieß an meine Grenzen und ärgerte mich maßlos. Ohne mein Ärgern hätten die Witze wahrscheinlich dreißig Minuten gedauert, so aber erwies sich der Fundus als unerschöpflich und sie dauerten ein bis zwei Stunden. An jenem Abend war es mal wieder soweit. Ich hatte mich so sehr geärgert, dass ich gegen zwei Uhr morgens die Heimfahrt beschloss. Und ich suchte nach den entsprechenden Worten, um meiner Empörung Luft zu machen. Ich erhob mich also, die Rächerin der Gerechten, und verkündete mit fester Stimme: "Ich fahre jetzt, sonst werde ich gleich spitz!" Von der Doppeldeutigkeit des Wortes hatte ich keine Ahnung, gewählt hatte ich es wegen des Aggressionspotentials, wie etwa in 'spitze Kommentare'. Es wurde sehr still in der Runde. Die Männer brauchten ein paar Sekunden, um ihren Ohren Vertrauen zu schenken. Mein bester Freund guckte mich groß an und fragte mich auf dem Weg zur Tür diskret "Sag mal, weißt du, was du da gerade gesagt hast?" Das brüllende Gelächter, das durch die offenen Fenster klang, begleitete mich bis zum Parkplatz.
Der Australier ist begeistert: "Oh I have to remember this one! What was it? Spitz? Oh yeah! Oh and yeah, once this really embarrassing thing happened to me here. I had gone to the diso with friends. We stood there and then 'booom' this guy bumped into me and I thought Gosh! what's he doing, I was really annoyed, and then he bumped into me another time 'boom!', again! and I thought I won't let him do that! Oh, if he comes back - and he came back, and 'booom!' he again bumped into me! So I hit him really hard, he fell onto the floor and lay there and was really scared. And then a friend said to me 'Hey, what are you doing, look, they're all jumping!' And I looked up, and he was right, they were all jumping, and I was really embarassed." Ich bin fasziniert. Habe ich gestern noch im Film das australische Outback kennengelernt und war verwundert, wie sehr die rauhen Sitten an den amerikanischen Wilden Westen erinnern, so erlebe ich heute in einem Gespräch, wie der australische Überlebenskampf auf eine harmlose deutsche Tanzfläche transplantiert wird. Und das von einem auf den ersten Blick so lustigen und sympathischen Kerlchen.
Nachtgezwitscher - 23. Feb, 22:30